Leichter durch schwere Zeiten

01.10.2025

Im Programm Peers at work, das die Stiftungsfamilie für Mitarbeitende der Deutschen Bahn umsetzt, unterstützen sogenannte Peers Kolleginnen und Kollegen, die an Depression erkrankt sind. Das Besondere: Die kollegialen Begleiterinnen und -begleiter kennen die Krankheit aus eigener Erfahrung und können so besonders gut über Symptome, hilfreiche Schritte und Anlaufstellen informieren. Wir haben einige der Peers gefragt, wie sich die Krankheit Depression bei ihnen geäußert hat, was ihnen heute Kraft gibt und was sie Kolleginnen und Kollegen wissen lassen möchten, die Symptome bei sich oder anderen wahrnehmen oder vermuten.

Folgenschwer und unterschätzt 

Insgesamt erkranken in Deutschland jedes Jahr über fünf Millionen Menschen an einer Depression. Aus Angst, Scham oder auch Unkenntnis suchen Betroffene oft keine oder erst sehr spät professionelle Hilfe. Krankheitsbedingte Symptome, etwa Antriebslosigkeit, erschweren es den Betroffenen zusätzlich, Unterstützung zu suchen oder in Anspruch zu nehmen. Das Programm Peers at work erleichtert den Schritt zur Diagnose, Hilfe und Behandlung durch medizinische und therapeutische Fachkräfte. 

„Ich wusste nicht, was mit mir los ist“

Sebastian Borrmann arbeitet bei DB Cargo und engagiert sich wie alle Gesprächspersonen dieses Beitrags als Depressionsbegleiter im Programm Peers at work. Vor allem während seines Studiums erlebte er schwere Symptome: „Ich habe mich fast vollständig von der Welt abgeschirmt, war emotionslos und hatte keinen Antrieb. Meinem Umfeld habe ich vorgespielt, dass alles gut ist, weil ich selbst nicht verstanden habe, womit meine Beschwerden zusammenhängen.“

Andere Peers haben im Zusammenhang mit Depression von körperlichen Symptomen berichtet, darunter Schwindel, Verdauungsstörungen, Herzrasen und schwankender Blutdruck, aber auch eine starke, anhaltende Erschöpfung und das Gefühl der Überforderung bei alltäglichen Aufgaben. Innere Unruhe, Panikattacken, ständiges Grübeln, Dünnhäutigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafprobleme sind weitere mögliche Beschwerden. Die Bandbreite der Symptome ist bei einer Depression umfangreich. Das konkrete Leidensbild kann sich von Person zu Person unterscheiden, wie unser Kooperationspartner, die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention, erläutert (Infos unter www.deutsche-depressionshilfe.de).

Früh das Gespräch suchen

Beatrice Weidner arbeitet bei DB Engineering & Consulting. Aus ihrer eigenen Geschichte heraus rät sie: „Wer Veränderungen und Symptome bei sich feststellt, sollte diese unbedingt und zeitnah hausärztlich abklären lassen, um körperliche Ursachen auszuschließen. Bei mir hat sich die Depression schleichend entwickelt. Heute bin ich überzeugt, dass ich mir vieles erspart hätte, wenn ich mir gegenüber achtsamer gewesen wäre. Darüber zu sprechen, hilft dabei, herauszufinden, wo das eigentliche Problem liegt.“

Verständnisvoll und erfahren

In den persönlichen Erfahrungen, die Peer-Beratende in das vertrauliche Gesprächsangebot einbringen, liegt eines der Hauptmerkmale des Programms Peers at work. Wer sich einem Peer anvertraut, muss sich in vielen Fällen nicht erst ausführlich erklären, um einen Perspektivwechsel zu ermöglichen, sondern kann vom Verständnis des Gegenübers für die Situation ausgehen. Eine weitere Besonderheit: Die Peers sind durch ihre persönlichen Erfahrungen nicht nur mit den Symptomen vertraut, sondern kennen Schritte, mit denen die Krankheit zu überwinden oder in ihrer Auswirkung zumindest zu mildern ist.

Werkzeugkoffer für den Alltag

Nicht immer finden Betroffene die Kraft, in Kontakt mit Menschen zu treten oder auf andere Weise aktiv zu sein. Dennoch gibt es Dinge, die – je nach Schwere der Symptome und begleitend zu einer professionellen Behandlung – eine Linderung im Alltag herbeiführen können. Was die Peers heute tun, um ihre psychische Gesundheit zu stärken? „Ich achte auf meinen Körper, wenn er mir Überlastung signalisiert, und nehme mir Zeit für das, was mir guttut“, sagt Stefanie Givens aus dem DB Projekt Stuttgart-Ulm. „Dazu gehören beispielsweise ausreichend Bewegung, ohne mich dabei zu überfordern, somatisches Training, Meditation und eine gesunde Ernährung. Durch Weiterbildungen versuche ich außerdem, fortlaufend resilienter zu werden.“ Auszeiten in der Natur, mit vertrauten Menschen oder auch allein zu verbringen sowie Handarbeiten wie Häkeln und Basteln nachzugehen oder ein Musikinstrument zu spielen, sind weitere Dinge, die uns Peers genannt haben. 

Raus aus dem Verborgenen

 „Ich rede mit meiner Partnerin, Freunden und Vertrauten über meine Probleme“, beschreibt Sebastian Borrmann, wie es ihm gelungen ist, mehr Sicherheit im Alltag zu gewinnen. „Ich spreche auch mit Kolleginnen und Kollegen oder sage ihnen, wenn bei mir gerade etwas nicht so gut läuft. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man Mitgefühl und Verständnis bekommt, wenn man offen mit der eigenen Situation umgeht.“

Wie jede andere Erkrankung ist eine Depression behandlungsbedürftig. Wichtig sind leicht zugängliche Angebote, die aufklären und den Weg in die professionelle Behandlung erleichtern. Peers at work ist ein Programm der Stiftungsfamilie im Auftrag der Deutschen Bahn. Die Beratung richtet sich an DB-Mitarbeitende und ist streng vertraulich. Kooperationspartner ist die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Alle Infos zum Programm Peers at work und den Kontakt zu den Peers finden Sie hier auf unserer Website sowie auf DB Planet.

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Die Kraft der Gruppe

Manche Sorgen und Nöte möchte man mit Menschen besprechen, die in einer ähnlichen Situation sind wie man selbst. Ob Sucht und Abhängigkeit, eine seelische Krise oder die kräftezehrende Pflege geliebter Angehöriger: In den Selbsthilfegruppen unter dem Dach der Stiftungsfamilie finden Menschen neben Zuspruch und Motivation auch einen Ort, an dem sie Kraft schöpfen können – um schwere Phasen zu durchleben oder dauerhafte Belastungen tragen zu können. Wie das Leben spielt Manchmal ist es der plötzliche Verlust einer geliebten Person, eine gravierende Veränderung am Arbeitsplatz oder der Eintritt in den Ruhestand, der Menschen aus der vormals sicheren Bahn wirft. Ein andermal ist es, wie bei der Pflege geliebter Angehöriger, die Dauer einer kräftezehrenden Situation, die dazu führt, nicht mehr weiterzuwissen. Damit Betroffene mit diesen Belastungen nicht allein sind, gibt es in der Stiftungsfamilie neben einer professionellen Sozialberatung deutschlandweit rund 30 Selbsthilfegruppen. Unverzichtbares Engagement Möglich machen dieses Angebot Menschen, die sich bereit erklären, eine Selbsthilfegruppe anzuleiten, sie aufrechtzuerhalten und zu pflegen, zuzuhören und eigene Erfahrungen weiterzugeben. Ein jährliches Treffen mit hauptamtlichen Vertreterinnen und Vertretern der Stiftungsfamilie gibt den Gruppenleiterinnen und -leitern wiederum Gelegenheit, selbst in den Austausch zu gehen. Das Treffen hilft ihnen dabei, ihre Arbeit zu reflektieren und Anregungen zu erhalten. Fachliche Auseinandersetzungen dienen der Weiterbildung und dazu, neue Erkenntnisse und Wissen aus For-schung und Studien in die eigenen Gruppen hineinzutragen. Begleitung auf aktuellem Stand So waren Vorträge zu Einsamkeit und Sucht sowie die Wirkweisen, psychischen und körperlichen Auswirkungen von Burnout ebenso Teil des diesjährigen Treffens wie die Auseinandersetzung mit Gesprächstechniken und Übungen für aktives Zuhören. Bei aller angemessenen Ernsthaftigkeit gehörten Ausflüge rund um das BSW-Schwarzwaldhotel Baiersbronn aber auch auf die Agenda des Treffens – für Geselligkeit, Ausgelassenheit und die leichten Seiten des Lebens. In Selbsthilfegruppen tauschen Betroffene Wissen und Erfahrungen aus. Sie dienen der praktischen Lebenshilfe, der gegenseitigen emotionalen Unterstützung und Motivation. Hier erfahren Sie mehr: www.stiftungsfamilie.de

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17.09.2025
 

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25.08.2025
 

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