Hilfe für die vom Hochwasser betroffenen Bahnbeschäftigten: Interview mit Siegfried Moog

21.09.2021

Vor etwas mehr als vier Wochen haben wir schon einmal miteinander gesprochen. Was hat sich seitdem bei den Spenden für die Hilfebedürftigen der Flutkatastrophe getan?

Siegfried Moog: Bis Mitte September haben wir über 400 Anträge auf 1.000-Euro-Soforthilfe erhalten. Die Zahl ist also weiter gestiegen, zwar langsamer als am Anfang, aber es ist noch eine Zunahme zu erkennen: Im August waren es rund 340 Anträge. Und bis heute haben wir rund 290.000 Euro an die Betroffenen ausgeschüttet, was zeigt, wir liegen ganz gut in der Zeit. Der Spendentopf ist mit knapp 2,2 Millionen Euro gefüllt, das ist also wirklich ordentlich. Ich bedanke mich hier noch einmal gemeinsam mit allen Mitgliedern, die diese Spendenaktion auf die Beine gestellt haben, für die wirklich überragende Hilfsbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen. Das kann ich gar nicht oft genug sagen.

Steht denn mittlerweile der Stichtag fest, bis zu dem die Deutsche Bahn die Spendensumme verdoppelt?

Siegfried Moog: Ja, wir haben uns jetzt auf den 30. September verständigt. Bis dahin kann jeder nochmal einen Euro einzahlen, der dann zwei Euro wert ist. Danach ist der Euro einen Euro wert – damit will ich sagen, dass nach dem Stichtag natürlich weitergespendet werden kann; die Aktion ist nicht am 30. September zu Ende, unser Spendenkonto ist auch danach noch offen.

Was ist mit den Anträgen, die die 1.000-Euro-Soforthilfe übersteigen? Da hatten Sie zuletzt berichtet, dass ein Prozess für die Bearbeitung etabliert werden soll.

Siegfried Moog: Genau, für diese Fälle haben wir einen Workflow erstellt. Der 1.000-Euro-Soforthilfe-Antrag geht ohne nähere Prüfung raus – wer beantragt, erhält schnell die Hilfe. Für die höheren Schadenssummen bedienen wir uns jetzt aus dem Spendentopf, der etwa 4,3 Millionen Euro enthalten wird, wenn die Summe nach dem Stichtag verdoppelt worden ist.

Anfang September hat sich die Kommission, bestehend aus den Mitgliedern, die die Spendenaktion ins Leben gerufen haben, erstmals zusammengefunden. Wir haben eine Arbeitsrichtlinie beschlossen, weil wir transparent und nachvollziehbar in der Mittelverwendung sein müssen. Sprich: Wir können nicht einfach Geld ausgeben, ohne es zu dokumentieren. Jeder, der einen Soforthilfeantrag gestellt hat, wird von uns angeschrieben mit der Bitte, detaillierte Angaben zum Schaden zu machen. Dieses Formular ist einfach gehalten, übersichtlich und wir fragen nur das Nötigste ab. Eine Frage bezieht sich beispielsweise auf das Nettoeinkommen, da es für die Kommission entscheidend ist, ob jemandem mit einem Nettoeinkommen von 2.500 Euro Hilfe gewährt wird oder jemandem mit einem Nettoeinkommen von 6.000 Euro. Weiter ist mir noch wichtig zu sagen, dass wir auch die Möglichkeit haben, eine Hilfesumme in mehreren Einzelbeträgen auszuzahlen – wenn z.B. noch nicht abzusehen ist, wie hoch der Gesamtschaden sein wird. Auch das ist ein Beitrag zur schnelleren Hilfe. So müssen wir nicht erst warten, bis der gesamte Schaden beziffert ist. So eine gutachterliche Schadensfeststellung kann ja manchmal Monate dauern. Die Stiftungsfamilie bietet im Übrigen auch Hilfe beim Ausfüllen des Antrags an.

Die Kommission wird alle 14 Tage zusammenkommen und über die aufbereiteten Anträge beraten. Mit aufbereiteten Anträgen meine ich, dass wir nicht die komplette Schadensakte der Kommission vorlegen, sondern pro Fall eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Eckdaten zusammenstellen. In dieser Sitzung entscheidet die Kommission dann direkt. Es wird die Zustimmung erfolgen oder aber es müssen noch weitere Fragen geklärt werden. Die große Herausforderung, die ich für uns sehe, ist die: Wir sind jetzt in der Lage, 4 Millionen Euro auszuzahlen. Das müssen wir so organisieren, dass nicht am Ende die schneller zu bearbeitenden Fälle das Budget bereits aufbrauchen und für kompliziertere Fälle, die länger in der Beurteilung brauchen, weil z.B. Versicherungsgutachten noch ausstehen, dann kein Geld mehr zur Verfügung steht.

Was schätzen Sie, wie viele Anträge können in etwa pro Sitzung bearbeitet werden?

Siegfried Moog: Dafür haben wir noch kein Gefühl. Das hängt davon ab, wie schnell auch die Geschädigten ihre Anträge stellen. Wir prüfen auch gerade, wie viel personelle Unterstützung wir noch anbieten können, um die Anträge möglichst rasch zu bearbeiten. Da die meisten Fälle diejenigen sind, die bereits Soforthilfe erhalten haben, ist eigentlich schon bekannt, welche Art von Schäden vorliegen, also sollte es relativ schnell gehen. Zeichnet sich ab, dass die Kommission öfter als alle zwei Wochen tagen muss, dann wird sie das tun.

Bahnbeschäftigte können sich auch jenseits der materiellen Hilfe an die Stiftungsfamilie wenden. Was bieten Sie alles an?

Siegfried Moog: Mit unseren Sozialberaterinnen und Sozialberatern haben wir ein großes Angebot und Betroffene können sich jederzeit an uns wenden. Auch Monate nach der Katastrophe ist es leider völlig normal, dass psychologische Hilfe und Unterstützung benötigt wird.

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